Was ist eigentlich: Factoring

Factoring kann wachsenden Unternehmen helfen, Forderungen schneller in Liquidität zu verwandeln. Doch dabei gibt es einige Hürden zu meisten um alle Vorteile des Factoring wirksam zu nutzen.

Unter Factoring versteht man vereinfacht gesagt den Verkauf von Forderungen eines Unternehmens an ein Factoring-Unternehmen, das wiederum einen Großteil der Forderung direkt an das Unternehmen ausbezahlt.

Der Factor (also das Factoring-Unternehmen) erwirbt revolvierend die Inhaberschaft an den Forderungen seines Factoring-Kunden (dieser wird auch Anschlusskunde, Anschlussfirma, Klient oder Anwender genannt) gegen dessen Abnehmer (Debitor). Die Übertragung der Inhaberschaft erfolgt über einen regresslosen Kauf der Forderung zum Nominalbetrag der Forderungen. Dem Kauf geht eine Abtretung (Zession) der Forderungen voraus. Als Gegenleistung für den Verkauf der Forderungen steht dem Factoring-Kunden die sofortige Zahlung des Kaufpreises abzüglich der Gebühren und der Sicherheitseinbehalte des Factors zu. Der Factoring-Kunde kann bzw. muss (je nach Factor) die daraus generierte Verfügbarkeit an Liquidität in Anspruch nehmen. Der Factoring-Kunde gewinnt also Liquidität.

Geschichte

Vorläufer des Factoring wurde bereits vor vielen Jahrhunderten zur Absicherung und Vermeidung von Vorfinanzierung verwendet. Die heute übliche und gebräuchliche Form des Factoring kommt aus den USA. In Europa und im deutschen Sprachraum gibt es mittlerweile ein große Anzahl von Factoring Gesellschaften, die sich meist auf eine Klientel spezialisiert haben. Im Gegensatz zum amerikanischen Wirtschaftsraum haftet in Deutschland dem Factoring immer noch der Geruch der (drohenden) Insolvenz an.

Ablauf des  Factoring

  • Der Kunde erhält wenige Tage nach Entstehung der Forderung (meist die Rechnungsstellung) Liquidität vom Factor. Dabei wird meist ein Betrag von 70  – 90% der ursprünglichen Forderungen direkt ausbezahlt.
  • Für die Inanspruchnahme dieser Umsatz-Vorfinanzierung muss der Kunde Zinsen bezahlen.
  • Je nach Factoring-Unternehmen besteht dabei ggf. eine Abnahmeverpflichtung, d.h. das Unternehmen muss die liquiden Mittel abnehmen, auch wenn sie gar nicht zwingend gebraucht werden.
  • Der auf 100% fehlende Restbetrag wird dem Kunden ausbezahlt wenn der tatsächliche End-Kunde die Rechnung gegenüber beglichen hat.

Kosten des Factorings

Facotring-Anbieter strecken zum einen Umsätze vor und tragen zum anderen einen Teil des Ausfall-Risikos von Forderungen. Die dadurch entstehenden Kosten lassen sie sich in der Regel durch eine monatliche Grundgebühr erstatten. Darin sollten Fixpreise für das Rechnungs- und Mahnwesen enthalten sein. Im Gegenzug dazu braucht sich das abgebende Unternehmen um die Themen Mahnwesen bzw. Inkasso nicht mehr zu kümmern.

Die Vorabzahlungen der Umsätze (die seitens der End-Kunden noch nicht beglichen sind) werden wie bei einem Kredit verzinst. Seriöse Anbieter nehmen hier Zinssätze die sich am 3M-EURIBOR zuzüglich einem Risiko-Aufschlag orientieren. Aktuell (Stand 11/2011) sind das zwischen 4% und 8% .

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Nebeneffekte

Neben dem gewollten Effekt der Verbesserung der Liquidität bringt das Factoring Nebeneffekte mit, die das Unternehmen das Factoring betreiben möchte, sorgfältig abwägen sollte

  • Durch die geringeren Außenstände (offene Forderungen) ergbit sich in der Regel eine Bilanzverkürzung aus der wiederum eine bessere Eigenkapitalquote resultiert. Dieser gewollte Effekt führt in der Regel mittelfristig zu einem besseren Rating des betroffenen Unternehmens
  • Jeder End-Kunde, dessen Rechnungen an den Factor abgegeben werden, wird meist vom Factor vor dem Factoring auf seine Bonität hin geprüft. Dadurch wird – vor allem in Unternehmen, die bisher keine Boni-Prüfung ihrer Kunden durchgeführt haben, mehr Augenmerk auf die Solvenz des End-Kunden gelegt.
  • Das Mahnwesen und ggf. ein Inkasse wird vom Factorer übernommen. Hier muss das abgebende Unternehmen vor allem im B2B darauf achten, in welcher Art und mit welchen Mitteln gearbeitet wird um bestehende Kundenbeziehungen nicht zu gefährden.
  • Die Tatsache das Forderungen seitens einer Firma an einen Factoring-Unternehmen abgetreten werden, muss dem End-Kunden (meist auf der Rechnung) mitgeteilt werden. Dies führt meist bei der Einführung von Factoring insb. im Business-to-Business-Bereich zu Erklärungbedarf .
  • Da das Unternehmen seine Forderungen an den Factorer abtritt, können die offenen Forderungen nicht mehr zu Absicherung von Kreditlinien etwa bei der Hausbank verwendet werden. Dadruch kann das Kreditlimit bei der jeweiligen Bank sinken.

Factoring und die Banken

Bei einer Analyse des Factoring-Marktes Mitte 2009 bot sich uns ein sehr gemischtes Bild. Eine nennenswerte Anzahl von Factoring-Anbietern gab offen zu Erkennen, daß der Kunde letzlich die Wahl hat zwischen seiner Hausbank oder dem Factoring-Unternehmen. Mancherorts rühmten sich Anbieter auch damit, daß sie die jeweilige Hausbank in Schnelligkeit und Konditionen „geschlagen“ hat. Auch wenn das im Einzelfall sogar zutrifft, sollten sich Entscheider immer vor Augen halten, daß es kein „entweder oder“ zwischen Hausbank und Factoring-Anbieter sein darf  sondern ein „sowohl als auch“ sein muss.

Spezialfälle

Neben den Factoring-Anbietern, die regelmässig Forderungen von Unternehmen übernehmen und Liquidiät auszahlen, existieren am Markt auch spezialisierte Anbieter, die einzelne Projekte finanzieren oder auch nur im Einzelfall Forderungen aufkaufen bzw. absichern. Dies kann im Projektgeschäft sinnvoll sein, wenn etwa das wirtschaftliche Einzel-Risiko sehr hoch ist oder die Vorfinanzierung eines Einzelauftrages nicht mit den üblichen Mitteln abgedeckt werden kann.