Strategien im Mobilfunkmarkt

Ich selber bin ja bekanntermaßen kein Freund von großen und langen Strategiediskussionen. Nichtsdestotrotz ist allen Unternehmern in der Regel klar, dass sie langfristig ohne eine Strategie keinen Erfolg haben werden. Um uns also dem Thema Strategie einmal exemplarisch zu zuwenden, habe ich mir heute das Thema Strategie im Mobilfunk herausgesucht, um hier aufzuzeigen, wie kleinere und größere Marktteilnehmer im Laufe eines Marktsättigungsprozesses wichtiger bzw. weniger wichtig sind.
Bei der nachfolgenden Betrachtung habe ich mich auf den bundesdeutschen Mobilfunkmarkt ab dem Jahr 1992 konzentriert.

Sturm und Drang Phase im Mobilfunk

Zu Beginn des mobilen Telefonieren in der Bundesrepublik Deutschland ab ca. dem Jahr 1992 ist zunächst mal eine Zeitspanne zu verzeichnen, in der
– die Technologie nicht überall flächendeckend vorhanden ist
– die neue Technologie nur etwas für Technik verliebte Anwender bzw. Telefonkunden
– die Nutzung dieser neuen Technologie für den Anwender häufig eine Form von Statussymbol
ist.
Die Preise, die die Mobilfunkunternehmen anfangs von ihren Kunden nehmen konnten, würden wir heute getrost als Mondpreise einordnen. Nichtsdestotrotz ist eben ein hoher Preis pro Einheit (bzw. pro Minute) ein Kennzeichen eines Marktes, der noch nicht gesättigt ist.
Aus Sicht der Mobilfunk-Unternehmen ist zu vermerken, dass zunächst einmal hohe Investitionen für die Firmen wie die Telekom (bzw. ihre Mobilfunktochter) und Mannesmann D2 (später Vodafone) zu tätigen sind im konkreten Fall war es Aufgabe der Mobilfunk Unternehmen, zunächst einmal überhaupt in den größeren Ballungsgebieten ausreichend Sendemasten aufzustellen, so dass überhaupt das mobile Telefonieren technisch möglich wurde.
Da der Gesetzgeber relativ früh die Mobilfunk Unternehmen dazu verdonnert hatte auch kleinere Marktteilnehmer am Wettbewerb teilnehmen zu lassen, kamen unterschiedlichste so genannte Service-Provider ins Spiel. In den Jahren um 1995 herrschte hier durchaus Goldgräberstimmung. So schickte etwa selbst der Elektronikkonzern Bosch oder etwa das Unternehmen Daimler AG (damals Daimler Chrylser) jeweils eine eigene Abteilung an den Start, die sich in Form einer ausgegründeten GmbH als Service Provider versuchen durften.

Service-Provider im Mobilfunkmarkt als verlängerter Vertriebsarm

Das Geschäftsmodell der so genannten Service Provider bestand im Wesentlichen darin, einen Teil der Leitungskapazitäten bei den großen Netzbetreibern einzukaufen und mit entsprechender Marge an ihre eigenen Kunden weiterzuverkaufen. Aus Sicht der Netzbetreiber machte dies zu Beginn des Mobilfunk durchaus Sinn. Schließlich hatten sie ja eben bereits erwähnte hohe Investitionen in ihr Leitungsnetz investieren müssen und hat nun ein eigenes Interesse daran diese Kapazitäten möglichst gut auszulasten bzw. an die Service Provider zu verkaufen. Die Service Provider haben hier sozusagen die Rolle des verlängerten Vertriebsarms übernommen und auf ihre Art und Weise versucht die Marktabdeckung möglichst schnell voranzutreiben. Wenn Sie aus heutiger Sicht die Wachstumsraten Ende der neunziger Jahre anschaut, dann kann man sicherlich feststellen, dass ohne die Service Provider die Netzausbaumöglichkeiten und das Kundenwachstum im Mobilfunk nicht so stark gewesen wäre im Vergleich zu einem Wachstum, bei dem nur die Netzbetreiber selber den Vertrieb übernommen hätten.

Die UMTS-Auktion als Zäsur

Das Jahr 2000 markiert im Mobilfunk einen weiteren logischen Einschnitt. Im Jahr 2000 wurden seitens der Bundesregierung über ein formalisiertes Verfahren die zukünftigen Netzlizenzen für den Mobilfunk in Form von UMTS-Lizenzen versteigert. Theoretisch gesehen waren damals nicht nur die bestehenden Netzbetreiber sondern auch andere Marktteilnehmer, die über die entsprechende finanzielle Ausstattung verfügten, daran interessiert, die zukunftsträchtigen Lizenzen im Mobilfunk zu versteigern. So verwundert es nicht, dass die heutigen großen vier Netzbetreiber (D1, Vodafone, Eplus und O2) mit geboten haben und das außerdem einige ausländische Netzbetreiber sowie einige inländische Servicebetreiber versucht haben eine der UMTS Lizenzen zu erhalten. Schlussendlich gelang es allen vier deutschen Netzbetreibern sowie dem Service Provider Mobilcom jeweils eine UMTS Lizenz für ca. 8,5 Mrd € zuerst steigern. Gekoppelt war die Vergabe der UMTS Lizenz mit der Auflage innerhalb einer bestimmten Frist, eine mindestens 25-prozentige Netzabdeckung bis zum Jahr 2003 und 50% bis zum Jahr 2005 innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen.
Für den Service Provider Mobilcom war allerdings die finanzielle Belastung offenbar zu hoch und auch der Ausbau ein Problem. Die Firma gab die UMTS Lizenz später wieder an den Bund zurück.
Alles im allem hat also die Auktion im Jahr 2000 zu keiner wirklichen Veränderung der Marktteilnehmer geführt. Es gibt also weiterhin vier großen Netzbetreiber und daneben einige Service Provider.

Preisverfall verschärft den Markt für Service-Provider

Seit Anfang 2001 kann man im Mobilfunkmarkt einen stetigen Preisverfall verzeichnen. Von anfänglichen Minutenpreisen deutlich jenseits der 0,25 € sind wir heute mittlerweile bei aktuellen acht Cent pro Minute angekommen, was im Umkehrschluss für sowohl Netz als auch Serviceprovider bedeutet, dass es immer schwieriger wird auskömmliche und kostendeckende Kundenbeziehungen zu unterhalten.
Während es für einen Netzbetreiber noch vergleichsweise einfach ist, eine Kostendeckung zu realisieren, so ist dies bei sinkenden Minutenpreisen für einen Service Provider, der lediglich vom Handel leben, noch deutlich schwieriger. Insofern ist es verständlich, dass aus Sicht der Serviceprovider die jährlich stattfindenden Preisverhandlungen mit den Netzbetreiber eines der wichtigsten und auch gleichzeitig schwierigsten Kapitel in der jeweiligen Jahresplanung darstellen.
Vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, dass sich die Landschaft der Service Provider im Mobilfunk innerhalb des ersten Jahrzehnts dieses Jahrtausends deutlich gewandelt hat. Zum einen konnten wir am Markt Fusionen und Übernahmen beobachten (mobilcom / debitel) während andere Unternehmen ganz von der Bildfläche verschwunden sind. Auch wenn beispielsweise die beiden großen Service Provider Mobilcom und debitel mittlerweile fusioniert haben, dürfte sich dadurch ihre Situation bzw. ihre Strategie nicht wesentlich verbessert haben.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass trotz dieser schwierigen Wettbewerbslage immer noch weitere Serviceprovider bzw. kleinere Anbieter am Markt existieren, die sich scheinbar eine für Sie passende Strategie zurecht gelegt haben, in diesem weiteren schwierigen Marktumfeld zu bestehen.

Prepaid – als Preisuntergrenze

Zu aller erst sind hier die Anbieter von Prepaid Angeboten zu nennen. Diese existieren entweder als eigenständige Firmen oder als Angebote von Netzbetreibern bereits seit Ende der Neunzigerjahre. Unter dem Begriff „no frills“ hatten schon die Netzbetreiber selber eigene Tochtergesellschaften gegründet, die vor allem für preisbewusste Kunden einfache und eher schlicht gestaltete Angebote am Markt platziert haben. Damit haben insbesondere die Netzbetreiber versucht ihr hochwertiges Preissegment nach unten hin abzusichern und damit den Preis Verfall etwas zu bremsen.
Spartenanbietern unter den Service-Providern
Neben den Töchtern der Netzbetreiber gab es aber schon von Anfang an eigenes Service Provider die explizit sich auf das Thema Prepaid gestürzt haben und sich erfolgreich als Marke am Markt positioniert haben. Beispiel hierzu sind etwa der Anbiete blau.de oder Simyo neben den Konzerntöchtern wie etwa Congstar (T-Mobile).

Von einer breiten Öffentlichkeit wenig beachtet haben sich außerdem Spartenanbieter etabliert. So gibt es mittlerweile explizites Service Provider für Firmenkunden genauso wie etwa mit Ay Yildiz einen Anbieter der explizit auf eine Kundengruppe mit einer gewissen ethnischen Zugehörigkeit abzielt.
Es bleibt abzuwarten, wie viele der Service Provider sich auf lange Frist am Mobilfunkmarkt werden halten können. Auch wenn die aktuellen UMTS Lizenzen nur bis zum Jahr 2020 befristet sind, so kann man davon ausgehen dass auch bei einer weiteren Auktion von Mobilfunkfrequenzen durch die Bundesregierung das Teilnehmerfeld im Markt nicht grundsätzlich durcheinandergewirbelt werden wird. Service Provider werden im Mobilfunk weiterhin die spannende Aufgabe haben sich eine passende scharfe Strategie für Ihre Zielgruppe zu überlegen und diese auch konsequent zu verfolgen, wenn sie auf Dauer wirtschaftlichen Erfolg haben wollen.